#9 - Martinique, Dominica & der Norden von St. Lucia

Martinique

Grande anse d‘arlet

Zwischen dem Hafen von Le Marin und der Hauptstadt Fort-de-France finden wir eine gemütliche Ankerbucht. Morgens schnorcheln wir mit Schildkröten, mittags beobachten wir die Pelikane und abends wird in der Strandbar Rum getrunken. Wir teilen die Bucht u.a. mit der Eos, dem aktuell viertgrößten Segelschiff der Welt. Ansonsten passiert wirklich nichts - so schön. Nach 2 Tagen ist uns wieder nach mehr Programm und wir segeln in den Norden von Martinique. Unser Ziel ist der Berg Montagne Pelée bei dem Städtchen Saint-Pierre. 

Grande anse d‘arlet & Segelyacht EOS (mit > 300 Fuß ein bisschen größer als wir)

Saint-pierre

Schon von weitem ist der 1.400m hohe Vulkan nicht zu übersehen. Der Vulkan ist noch aktiv und zuletzt 1902 ausgebrochen. Damals wurde die gesamte Stadt zerstört, sämtliche Schiffe versenkt und es gab bis auf 2 Ausnahmen keine Überlebenden. Heute gibt es ein seismografisches Institut zur Überwachung des Vulkans inklusive Frühwarnsystem und wir schenken dem ganzen mal Vertrauen. 

Das Wasser vor Saint-Pierre ist sehr tief und am Grund liegen viele alte Schiffswracks, daher machen wir an einer Boje fest und nicht vor Anker. Im Ort erinnert vieles an den Ausbruch. Es gibt einen Gedenkplatz und einige alte Steinruinen, die die Zerstörung nur erahnen lassen. Der Vulkan ist sehr präsent. Mächtig thront er über der Stadt und wir sind ebenfalls beeindruckt. 

Bojenfeld & Stadt Saint-Pierre

Am Fuße des Vulkans ist eine Rum Destillerie ansässig - unser erster Ausflug. Wir fahren mit dem öffentlichen Bus und das klappt erstaunlich gut. Klimatisierte Kleinbusse, 10 Minuten Fahrt und es kostet nur 2€ pro Person. Im sonst eher hochpreisigen Martinique ein willkommenes Schnäppchen. 

Wir machen eine Tour durch die Destillerie und das ehemalige Gutshaus der Familie Depaz. Man darf sich mit einem Audioguide selbst durchführen und erfährt sehr anschaulich, wie aus Zuckerrohr erst braune Plörre und am Ende Rum hergestellt wird. Anschließend dürfen wir verkosten und nehmen ein paar Flaschen mit. Kann man sicher mal gebrauchen.

Destillerie Depaz Rum

Wir wollen näher ran an den Vulkan und finden eine Wanderung um den Krater - unser zweiter Ausflug. Weil es das erste Mal so gut geklappt hat, wollen wir wieder mit dem Bus Richtung Vulkan. Diesmal wird uns klar, wieso wir die einzigen Touristen sind, die neben den einheimischen Rentnern mit dem Bus fahren. Wir müssen 1,5 Stunden warten, obwohl die Linie angeblich alle 30 Minuten fährt. Wir üben uns in Gelassenheit und unsere Geduld wird am Ende noch belohnt. Nachdem wir im nächsten Städtchen ausgestiegen sind, fahren wir den Rest per Anhalter, um zum Ausgangspunkt der Wanderung zu kommen. Eine sehr nette Einheimische nimmt uns in ihrem Klein(st)wagen mit. Sventja quetscht sich auf der Rückbank zwischen zwei Kindersitze und Claudius faltet sich auf dem Beifahrersitz zusammen. Wir bezahlen mit Bonbons für die Tochter und sparen uns 4 km Berg hochlaufen in der Mittagshitze.

Die Wanderung ist nicht besonders weit, aber steil. Kein Problem, Berge und Wandern kennen und mögen wir. Warum man das mittags bei 30 Grad und hoher Luftfeuchte macht, erschließt sich uns zunächst nicht. Der Aufstieg ist unerträglich heiß und als wir oben ankommen, umhüllt uns eine dicke Wolke. Aussicht gleich null. Wenn wir schon mal da sind wollen wir trotzdem die Rundtour um den Krater machen, immerhin ist es hier oben auf rund 1.200 Metern inzwischen etwas kühler. In Europa wäre der Weg vermutlich als Klettersteig ausgewiesen, hier gilt er als leicht anspruchsvoller Wanderweg. Wir klettern auf allen vieren rauf und runter um den Krater herum, der Schweiß tropft uns von der Stirn, bis an der Westseite doch noch die Wolkendecke aufreißt und wir mit einem Ausblick belohnt werden.

Vulkan Montagne Pelée

Kurz vor dem Ende der Rundtour finden wir ein Hinweisschild: Weg gesperrt. Umdrehen und alles zurückklettern? Auf keinen Fall. Inzwischen wieder im Nebel bahnen wir uns den beschwerlichen, teils ausgesetzten Weg. Zum Glück haben wir die Strecke vorab auf Sventjas Garmin Uhr geladen und verlaufen uns wenigstens nicht. Wir schaffen es heil und zufrieden zurück zum Fuße des Vulkans und freuen uns schon jetzt auf den Muskelkater, der uns die nächsten Tage blühen wird.

Vulkan Montagne Pelée

Den Weg zurück bestreiten wir komplett per Anhalter, der Bus kommt diesmal gar nicht. Ein freundlicher Einheimischer fährt uns bis zum Strand von Saint-Pierre. Unsere Brocken Französisch reichen, um unsere grenzenlose Dankbarkeit nach dem anstrengenden Tag zum Ausdruck zu bringen. Englisch spricht hier so gut wie keiner. Nach 3 Tagen in Saint-Pierre haben wir genug und segeln zur nächsten Insel, nur einen Tagestörn weiter nördlich.


Dominica

Regenwald auf Dominica

Roseau

Laut Reiseführer ist Dominica nur bedingt für seine Strände bekannt und lockt vielmehr mit einer atemberaubenden Natur im Inneren der Insel. Wir machen südlich der Hauptstadt Roseau an einer Boje fest und gehen auf Erkundungstour. Dominica wirkt im Vergleich zu Martinique gleich auf den ersten Metern etwas gegenteilig. Alles ist bunt angemalt, überall läuft laute Musik, währenddessen wird auf der Straße frisch gekocht und alles mögliche verkauft. An jeder Ecke riecht es nach Marihuana und es herrscht Linksverkehr. Gehwege gibt es keine aber wenigstens sprechen wieder alle Englisch. Wir bekommen richtig leckeres Mittagessen für umgerechnet 6€ pro Person und schlendern durch die Gassen. Uns gefällt der Vibe und wir lassen uns den restlichen Nachmittag treiben. 

Am Abend legt der nächste Riese im Hafen an und wir landen gefühlt am Filmset vom Traumschiff. Die ersten zwei Straßen am Kreuzfahrtterminal verwandeln sich in touristische Hochburgen. Alles wird mit Gittern abgesperrt und ausnahmslos alle Kreuzfahrt Gäste werden in ein und dieselbe Bar gesetzt, um den teuersten Rum Punch der Stadt zu trinken. Uns amüsiert das Spektakel aber lässt uns gleichzeitig erstaunt zurück. Wir kommen mit Maurice (oder Gabriel, er stellt sich uns unter Einfluss von Rum Punch mehrfach vor) ins Gespräch, er kommt ursprünglich von der Insel, spricht allerdings fließend deutsch, weil er in seiner Jugend einige Jahre in Hannover gelebt hat. Mit ihm ziehen wir durch ein paar Bars, in denen wir als einzige Weiße ziemlich auffallen. Der Rum wird ein ganzes Stück günstiger und die Musik besser. Am Ende schlendern wir unter dem Sternenhimmel zu unserer kleinen Nussschale zurück. 

Roseau, Hauptstadt Dominicas

Die Boje an der wir liegen gehört einer einheimischen, sehr freundlichen und hilfsbereiten Familie. Sie bieten auch Ausflüge zu den Sehenswürdigkeiten der Insel an und gemeinsam mit der Crew eines kanadischen Bootes gehen wir auf Tour. Unser Guide - er nennt sich SeaCat - fährt mit uns durch den Dschungel ins Landesinnere, währenddessen grüßt er alle 500 Meter jemanden am Straßenrand. Hey my friend hier, what’s up my friend da. Er wirkt ein bisschen wie der inoffizielle Primeminister auf Wahlkampftour. Alle paar Kilometer hält er an und verschwindet für 2 Minuten im Busch, um uns danach ‚Jungle M&Ms‘ zu reichen - Früchte direkt vom Baum gepflückt. Wir probieren Kakaobohnen im Rohzustand (glitschige weiße Bohnen zum Lutschen, schmeckt fruchtig), trinken frisches Kokosnusswasser und entdecken die Früchte, die mal zu unser aller liebstes Getränk werden - Kaffee. Uns gefällt was wir erkunden.

Am Parkplatz angekommen staunen wir über die Entwicklung des Landes. Ein riesiges Hotel mitten im Dschungel, gebaut von Chinesen. Überall hängen chinesische Straßenschilder und wir werfen uns fragende Blicke zu. Unser Guide erklärt, sie bauen Infrastruktur und bringen Tourismus, allerdings nehmen sie den Einheimischen die Arbeitsplätze weg. Die Globalisierung zeigt uns live ihre merkwürdigen Züge.

Wir flüchten in den Dschungel und wandern zu atemberaubenden Wasserfällen durch den Regenwald Dominicas. Überall kreucht und fleucht es. Durch den letzten Hurrikan sind viele große und alte Bäume kaputt gegangen. Dadurch bekommen die unteren Pflanzen wieder Licht, können nachwachsen und der Wald wird viel dichter. Zwischendurch beginnt es zu regnen. Man wird sehr schnell klitschnass und fühlt sich schon nach kurzer Zeit selbst als Teil des Waldes.

Middleham Waterfalls Dominica

Nach der Wanderung, müde und fasziniert von den Eindrücken, will unser Guide uns nicht zurückbringen bevor wir nicht die Schlucht Titou George gesehen haben. Weil das Kreuzfahrtschiff den Hafen bereits verlassen hat, sind dort heute kaum Touristen und er besteht darauf. Keine Ahnung was auf uns zukommt und wir befolgen brav, was man uns sagt. Schwimmsachen an, Rettungsweste drüber und schon stehen wir in einem kleinen Fluss mitten im Dschungel Dominicas. An der engsten Stelle kaum einen Meter, nie breiter als drei. Die letzten Anweisungen unseres Guides und er schickt uns tiefer zwischen die Felswände. Wir schwimmen im doch recht kalten Wasser immer tiefer in die Schlucht rein, die Strömung gegen uns wird stärker und das Wasser ist inzwischen tief und dunkel. Adrenalin durchströmt den Körper aber in der Gruppe will selbstverständlich keiner kneifen, also weiter. Wir sind damit beschäftigt, uns an Seilen und Metallgriffen festzuhalten, während wir uns von Bucht zu Bucht hangeln, um der starken Strömung in der Mitte auszuweichen. Am Ende der Schlucht erreichen wir das Highlight - einen Wasserfall. Links und rechts 5 bis 6 Meter hohe Felswand und erst hier verschnaufen wir kurz und realisieren die magische Schönheit dieses Ortes. Oberhalb der Felswand ragen die grünen Pflanzen des Regenwaldes, das Sonnenlicht bricht sich und lässt das Grün magisch leuchten. Die Regentropfen schillern in allen Farben und fallen langsam als Schleier auf uns herunter. Staunen ist die Untertreibung des Jahres. Es wird ganz still bis auf das Plätschern und alle Anwesenden versuchen den magischen Moment zu genießen. Wir krabbeln nochmal vor bis kurz vor den ohrenbetäubenden Wasserfall, bevor wir in Reih und Glied den Rückweg antreten. Die Strecke zurück zum Ausgangspunkt treiben alle entspannt auf dem Rücken, um den Blick nach oben für die Ewigkeit abzuspeichern (natürlich hat niemand ein Handy oder eine Kamera dabei). Yeah my friend - da hatte er recht unser SeaCat - wer Dominica besucht, sollte das gesehen haben. 

Sir an der Boje vor Dominica

Nach 6 Nächten machen wir klar Schiff und wollen weiter. Der Schwell hat uns die letzten 2 Nächte ordentlich von links nach rechts rollen lassen. Wir stehen durch den Wind meist quer zur Welle, kein Glas oder Teller bleibt an Ort und Stelle und die Bialetti braucht ebenfalls Rundum-Betreuung auf der Kochplatte. Außerdem sind unsere Freunde aus Österreich im Anmarsch. Zwei Segler, die wir auf den Kanaren kennengelernt haben und die mit ihrem Boot unterwegs auf ihrer Atlantiküberquerung sind. Wir wollen sie begrüßen und gemeinsam die Karibik bereisen. Ankunft voraussichtlich in 2 Tagen und wir verabreden uns auf St. Lucia. Heißt für uns zurück in den Süden. 


St. Lucia

Ankerbucht Rodney Bay, St. Lucia

Rodney bay

Die Rodney Bay ist recht weitläufig und als wir ankommen, suchen wir uns ein schönes Plätzchen zum Ankern. Die ersten drei Versuche den Anker vernünftig zu platzieren scheitern und wir amüsieren damit die halbe Bucht. Sventja flucht, weil die Winde streikt und Claudius dirigiert von hinten, wie er es gerne hätte, wenn es denn funktionieren würde. Das sind die wahren Beziehungstests auf dieser Reise. Wütendes Gefuchtel und einige Schweißperlen später liegt der Anker beim fünften Versuch endlich gut und hält. Am nächsten Tag begrüßen wir Anna und Wolfgang auf ihrer Ronja, trinken gemeinsam Rum und essen Karottenkuchen (schließlich ist Ostern). 

Ankunft der Ronja & Rigg Check in der Rodney Bay

Die nächsten Tage verbringen wir zusammen in der Marina, und bringen unsere Boote mal wieder auf Vordermann. Wir haben auf der Sir noch zwei wichtige to dos. Ein Rigg Check, nach der Überfahrt längst überfällig, und ein Knacken am Ruder lassen uns schlecht schlafen. Am Ende demontieren wir das Vorstag, warten die gesamte Rollanlage inklusive Reinigen und Fetten von 6 Kugellagern. Neben den Ausflügen und Abenteuern bekanntlich die andere Hälfte des himmlischen boat life. Währenddessen steigt die Vorfreude auf alles was südlich von uns kommt und wir schmieden Pläne für unsere kleine Flottille zu den Grenadinen.

Marina Rodney Bay, St. Lucia

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Kommentare: 5
  • #1

    Basti (Sonntag, 04 Mai 2025 11:54)

    Ein Traum! Es freut mich sehr, dass ihr endlich die Lorbeeren erntet unf im Paradies angekommen seid.

  • #2

    Markus (Sonntag, 04 Mai 2025 19:17)

    Hallo ihr zwei, so schöne Bilder und dazu der erfrischende Text - ich beneide euch um diese wunderbaren Erfahrungen!
    Und natürlich freue ich mich schon auf den nächsten Blog.
    Ich wünsche euch weiterhin eine gute Zeit und tolle Erlebnisse!

  • #3

    Philipp (Montag, 05 Mai 2025 14:49)

    Sau cool genießt es

  • #4

    Philip R. (Dienstag, 06 Mai 2025 08:03)

    Wow, es macht echt Spaß zu lesen und man kann fast richtig mitfühlen. Tolle Reise, toll geschrieben!! Genießt es weiterhin in vollen Zügen! LG aus dem aktuell verregneten München

  • #5

    Marlis (Mittwoch, 07 Mai 2025 19:32)

    Einfach herrlich , eure Erlebnisse, Fotos und der Bericht . Ich freu mich jedesmal, ein bisschen dabei sein zu dürfen.